Europa: Bürgerliche machen die Ungeimpften für ihr Versagen verantwortlich

In den letzten Monaten kam es zu Massenprotesten in ganz Europa, die sich gegen die Einführungen von Zwangsmaßnahmen durch die Regierungen zur Eindämmung der neuen Pandemiewelle richteten.

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In Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien, der Slowakei, Kroatien, Italien, den Niederlanden, Belgien und Bulgarien kam es zu solchen Protesten, um nur einige zu nennen. Ähnliche Entwicklung lassen sich auch in anderen kapitalistischen Länder beobachten, wie etwa in den USA oder Australien.

Dass es überhaupt zu diesen Maßnahmen kam, ist Ausdruck des Versagens der Bürgerlichen in der Pandemiebekämpfung. Die europäischen Regierungen haben sich seit Ausbruch der Pandemie durch ein unvorstellbares Missmanagement ausgezeichnet. Die oft sehr widersprüchlichen Maßnahmen, die in der Regel die Sicherung der Profite über den Schutz der Gesundheit stellten, haben über Monate die Skepsis gegenüber der Politik genährt. Eine Regierung nach der anderen versucht nun die Schuld für die fortdauernde Gesundheitskrise auf die Ungeimpften abzuwälzen. Wir lehnen diesen Versuch, von den eigentlichen Verursachern dieser Krise, den Vertretern der herrschenden Klasse, abzulenken, entschieden ab.

Die bürgerlichen Regierungen hatten im Sommer die Hoffnung verbreitet, die Pandemie sei zumindest in den reichsten Ländern der Erde bereits überwunden. Besonders auffällig war dabei Sebastian Kurz, damals noch Österreichs Kanzler, der das Ende der Pandemie ausgerufen hatte. Mittlerweile weiß jedes Kind, dass das nicht der Fall war: Bereits die 5. Coronarwelle sucht Europa heim, während die Omikron-Variante, die selbst wiederum das Produkt des Impfprotektionismus der reichsten Nationen gegenüber dem Rest der Welt ist, im Anmarsch ist.

Durch die zögerliche Haltung der Regierungen, keine Maßnahmen setzen zu wollen, die gegen die Profitinteressen der Wirtschaft wären, konnte sich das Virus wieder gefährlich ausbreiten. Die Schuld gibt man nun den Ungeimpften durch Verordnungen von Impfpässen oder Impfpflichten. Die ganze öffentliche Debatte zielt darauf ab, Geimpfte und Ungeimpfte gegeneinander auszuspielen und so die Schuld der Bosse zu verschleiern.

Von Anfang an übertrug man die Verantwortung für die Ausbreitung bzw. Eindämmung der Pandemie auf die normale Bevölkerung. Die Regierungen und die Kapitalisten haben weder genügend FFP2-Masken zur Verfügung gestellt noch adäquate Strukturen zur Nachverfolgung von Infektionsketten oder für Tests organisiert. Ganz zu schweigen davon, dass sie anfangs sogar versuchten die Gefährlichkeit des Virus runterzuspielen, um die Wirtschaft am Laufen halten zu können. Und wir wollen gar nicht erwähnen, unter welchen teils gesundheitsgefährdenden Bedingungen Menschen ihrer Arbeit nachgehen mussten. Und dann war noch die völlige Inkompetenz, eine flächendecken Impfkampagne auf die Beine zu stellen.

Trotz dieses offensichtlichen Systemversagens versuchte man stets die individuelle Schuld zu betonen: Schuld waren einmal die Maskenverweigerer oder jene, die im Supermarkt nicht den 2 Meter-Abstand einhielten, dann wieder die Jugendlichen, die trotz Lockdown an öffentlichen Plätzen Party feierten, Familien, die Weihnachten zusammen verbachten oder MigrantInnen, die nicht genügend Sprachkenntnisse besäßen. Jeder erdenkliche Gesellschaftsschicht wurde von den Herrschenden die Schuld zugeschoben.

Jetzt geht es gegen die Ungeimpften. Wir müssen an dieser Stelle nicht groß betonen, dass wir hundertprozentige Befürworter der Impfung sind. Doch sollten wir uns im Klaren sein, dass eine Gesellschaft, die nicht imstande ist, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie ihr eigenes Leben und das ihrer Mitmenschen schützen sollen (und die Impfung ist in der Pandemie ein wichtiges Mittel dazu), bis auf die Grundfesten krank ist.

Die Proteste, die wir fast auf dem ganzen Kontinent sehen, sind sehr heterogen und zeichnen sich durch ein hohes Maß an Verwirrung aus. Es ist offensichtlich, dass Gruppen aus der extremen Rechten politisch den Ton angeben. Doch sollte uns bewusst sein, dass diese Proteste ähnlich wie die Erstürmung des Kapitols in den USA zu Jahresbeginn 2021, eine sehr tiefsitzende, wenn auch inkohärente, verzweifelte Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen.

Millionen Menschen haben in den letzten 18 Monaten durch die Folgen der Pandemie sehr viel geopfert oder verloren. Gleichzeitig wurden die Superreichen in dieser Zeit aber noch reicher. Erpicht darauf, die normale Funktionsweise des Kapitalismus und damit der Profitbedingungen wieder herzustellen, erklärten Regierungen die Pandemie für beendet, feierten den „Tag der Freiheit“ und hoben alle oder die meisten Maßnahmen auf – dieselben Maßnahmen, die nun wieder eingeführt werden müssen. In den meisten Ländern, in denen Proteste ausgebrochen sind, befürwortet eine große Mehrheit der Arbeiterklasse die Impfung. Nichtsdestotrotz sieht eine Schicht in der Gesellschaft in der „Maßnahmenkritik“ eine Möglichkeit, ihren ganzen Ärger über das Establishment auf die Straße zu tragen.

Ihnen geht’s um Profite, nicht die Gesundheit

In einem Punkt brauchen wir absolute Klarheit: Wenn die Kapitalisten Maßnahmen, wie 2G am Arbeitsplatz oder gar die Impfpflicht wollen, dann geht es ihnen in erster Linie um den Schutz ihrer eigenen Profite.

In Italien gilt seit 6. August der „Green Pass” (Nachweis, dass man geimpft, genesen oder negativ getestet ist), um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Der „Green Pass” wurde sogar auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausgedehnt, und einige Unternehmen nutzen diese Maßnahme zur Diskriminierung von ungeimpften Mitarbeitern, indem sie diese isolieren, ihnen den Zugang zur Kantine verwehren oder ohne Lohnfortzahlung einfach nach Hause schicken.

Diese Maßnahmen haben eine Welle von Demonstrationen hervorgerufen, an denen sich jene Minderheit in der Bevölkerung, die gegen den Green Pass ist, beteiligt. Diese Samstagsdemos halten (Stand 8.12.) bereits seit 19 Wochen an.

In der Zwischenzeit macht die italienische Industriellenvereinigung Druck auf die Regierung, sie möge nach dem österreichischen Vorbild eine Impfpflicht beschließen. Den Grund dafür erklärte ein Regionalvorsitzender des Industriellenverbandes mit folgenden Worten:

„Wenn das ein Krieg ist, dann sind die Ungeimpften wie Deserteure. Wir werden niemand erschießen (!) lassen, aber wir müssen sicherstellen, dass sie ihre Desertion als Belastung spüren. Es wird keine Zeit zur Erholung geben, wenn wir zu Lockdowns zurückkehren, weil es dafür kein Geld mehr geben wird.”

Hier haben wir es schwarz auf weiß: die Kapitalisten fordern die Impfpflicht, weil es sonst „kein Geld mehr geben wird“. Zwar sind sie (zumindest derweil noch) nicht dafür, Leute zu erschießen (!), doch die Maßnahmen müssen wehtun.

Vergessen wir nicht, dass dies dieselben Kapitalisten sind, die im März 2020 gegen Lockdowns waren und alle Betriebe offenhalten wollten!

Als das Virus letzten Februar und März über Italien rollte lobbyierte der Confindustria-Präsident die Conte-Regierung, sie möge auch nicht-systemrelevante Industrie am Laufen lassen. Die Bosse sind mitverantwortlich für die Bilder aus Bergamo und anderen Industrieregionen, wo sich die Särge stapelten, weil die Unternehmen die Arbeiterinnen und Arbeiter als Kanonenfutter für die Aufrechterhaltung der Profitwirtschaft einsetzten.

Und Italien ist da kein Einzelfall.

Die niederländische Regierung führte am 25. September eine Impfpflicht in öffentlichen Einrichtungen, der Gastro und bei Veranstaltungen ein, seit 13. November gilt ein Lockdown. Das führte zu mitunter gewalttätigen Protesten in Amsterdam, Rotterdam, Groningen und anderen Städten.

Dieselbe Regierung von Mark Rutte war es jedoch, die zu Beginn der Krise ähnlich wie Boris Johnson in Großbritannien auf eine Politik der „Herdenimmunität“ gesetzt und dem Virus freien Lauf gelassen hat. Das Ergebnis war verheerend: Bislang sind in diesem kleinen 17 Mio.-Einwohner-Land fast 20.000 Menschen gestorben; 2.68 Mio. waren Infiziert. Und im Sommer hat die Regierung Rutte im Interesse der Wirtschaft alle Einschränkungen aufgehoben, obwohl gerade die Delta-Variante voll eingesetzt hatte.

Hatte man lange Zeit die Gefahr des Virus heruntergespielt und für Verwirrung gesorgt, so setzt man in den Niederlanden, genau wie in Italien und anderen Ländern nun auf Corona-Pässe u.ä., um die Wirtschaft offen halten lassen zu können. Aber genau dieses Missmanagement und die widersprüchlichen Botschaften seitens der Regierung im Laufe der Pandemie haben bei einer signifikanten Minderheit in der Bevölkerung enormes Misstrauen geschürt.

Wenn die Botschaften der bürgerlichen Regierungen auch so widersprüchlich waren und Orientierungslosigkeit und Skepsis befördert haben, so gab es in der Politik der Regierungen doch eine Konstante in all den Monaten: es ging in erster Linie um den Schutz der Profite.

Weitverbreitetes Misstrauen

Eine hohe Impfquote ist zentral, wenn wir die Pandemie überwinden wollen. Doch warum zögern dann so viele Menschen sich impfen zu lassen, ja warum gibt es eine regelrechte Impfverweigerung?

In Österreich, wo ab Februar die Impfpflicht kommen soll, sind aktuell lediglich 68% der Bevölkerung vollständig geimpft. In Deutschland, wo Lockdowns für Ungeimpfte in Diskussion sind und wo der Gesundheitsminister kürzlich davor warnte, dass mit Ende Winter alle entweder „geimpft, genesen oder tot“ sein werden, haben nur 69% der Bevölkerung zwei Impfdosen erhalten.

Im Grunde spiegelt dies ein weitverbreitetes Misstrauen gegenüber den Regierungen, den Pharmakonzernen und dem gesamten Establishment wider.

Doch wie können wir diese Skepsis gegenüber dem Establishment kritisieren, wenn sich „die da oben“ die ganze Zeit über nicht um die Gesundheit der normalen Bevölkerung geschert haben? Bürgerliche Regierungen haben seit Jahrzehnten dem Gesundheitswesen eine Sparpolitik verordnet und haben in der Pandemiebekämpfung ein absolutes Missmanagement an den Tag gelegt. Und in vielen europäischen Ländern hat die EU die Impfkampagne zu Beginn völlig vermasselt.

Dieser Gleichgültigkeit gegenüber der Gesundheit der Bevölkerung stand eine Politik extremen Gönnertums gegenüber dem Kapital entgegen. Riesige Mengen an öffentlichen Geldern wurden den Konzernen und großen Unternehmen nachgeschmissen. Seit Beginn der Pandemie konnten Europas Milliardäre ihr Vermögen um insgesamt 1 Billion $ erhöhen. Es darf unter diesen Umständen nicht verwundern, wenn sich viele Menschen angesichts der Regierungsmaßnahmen misstrauisch die Frage stellen, „wer profitiert davon, wenn ich mich impfen lasse?“.

Ein Jugendlicher aus Vidin, einer Hafenstadt in Bulgarien – dem EU-Land mit der niedrigsten Quote von Vollgeimpften von nur 42% – drückte dieses Misstrauen gegenüber dem „Independent“ so aus: „Ich bezweifle, dass die reichen Leute die gleiche Impfung bekommen, wie die Armen.“

Millionen, die über Jahrzehnte zurückgelassen und deren Interessen ignoriert wurden, tun sich nun sehr schwer zu glauben, dass sich dieselben Regierungen plötzlich Sorgen um ihre Gesundheit machen.

Vergleichen wir dieses Impfdebakel in vielen europäischen Ländern mit den bemerkenswerten Erfolgen der Impfkampagne der kubanischen Regierung. Stand 18. November waren bereits 89% der Inselbevölkerung, einschließlich der Kinder ab zwei Jahren, voll geimpft (beim in Kuba selbst entwickelten Impfstoff sind drei Impfdosen erforderlich), und das obwohl die Impfkampagne erst im Mai dieses Jahres gestartet werden konnte.

Diese Geschwindigkeit, mit der die Impfkampagne auf Kuba umgesetzt werden konnte, ist im Wesentlichen der zentral geplanten Wirtschaft und der erstklassigen Qualität des kubanischen Gesundheitssystems geschuldet – beides wertvolle Errungenschaften der Kubanischen Revolution. Doch es gibt einen zusätzlichen Faktor: Das Gesundheitssystem auf Kuba genießt das Vertrauen der Bevölkerung, die mit großem Stolz auf diese Einrichtung blicken.

Verwirrung und Spaltung

Diese Coronaproteste in weiten Teilen Europas, die wir in den letzten Wochen und Monaten gesehen haben, sind natürlich Ausdruck einer gewaltigen Verwirrung und werden von teilweise sehr obskuren Leuten, kleinbürgerlichen und lumpenproletarischen Schichten getragen. Es ist aber unschwer zu erkennen, dass sich auch viele ganz normale Menschen an den Demos beteiligen, weil sie ganz einfach ihrer Regierung kein Vertrauen schenken und die verordneten Maßnahmen – wenn auch mit teils sehr wirren Argumenten gegen die Impfung – ablehnen.

In Brüssel beispielsweise vermengten sich auf der 35.000-Leute starken Demo am 21. November Rufe nach „Freiheit“, Regenbogenflaggen und Singchöre von „Bella Ciao“, einem italienischen antifaschistischen Lied, während andere (die das Lied mitanstimmten!) rechtsextreme Symbole zur Schau stellten. In Wien formierten sich auf einer ähnlich großen Demo am 20. November ebenfalls mehrere Blocks, unter anderem von Pflegerinnen und Pfleger, die an vorderster Front der Pandemiebekämpfung stehen. Gleichzeitig standen an der Spitze der Demo die neofaschistischen Identitären, die den Slogan „Kontrolliert die Grenze, nicht euer Volk“ skandierten.

In den meisten Fällen sind es Gruppen aus der extremen Rechten, bis hin zu regelrechten Faschisten und Nazis, die diesen Protesten ihren reaktionären Anstrich gaben.

Nirgends wurde das vielleicht so deutlich wie in Italien, wo Demonstranten am 9. Oktober die Zentrale des linken Gewerkschaftsverbandes CGIL in Rom stürmten und verwüsteten. Die Gruppe, die diese Aktion anführte, war die faschistische Forza Nuova. Der Massencharakter dieser Proteste bietet diesen reaktionären und faschistischen Elementen einen Schutz für ihre gewaltsamen Provokationen und ermutigt sie auch noch, ihr wahres Gesicht zu zeigen.

Doch der Boden wurde diesen rechten Gruppen dadurch aufbereitet, dass die Arbeiterklasse über Jahre von den Führungen der traditionellen Arbeiterparteien und der Gewerkschaften allein gelassen wurden und die auch keine Perspektive haben, wie die Arbeiterinnen und Arbeiter inmitten dieser historischen Krise des Kapitalismus für ihre Interessen kämpfen sollten.

In Italien ist die einzige Parlamentspartei, die nicht die Regierung Draghi unterstützt, die rechtsextreme Partei „Brüder Italiens”. In den Niederlanden nahmen die Mitglieder der rechtsextremen Partei FvD in großer Zahl an den Demos teil und verstärkt so ihr in den letzten Jahren geschaffenes Anti-Establishment-Image.

In Deutschland und Österreich gelingt es vor allem der AfD bzw. der FPÖ diese Anti-Establishment Stimmung auf die eigenen Mühlen zu leiten. Die SPD regierte bis kürzlich mit der CDU/CSU und die Linke scheitert daran, eine glaubwürdige Alternative darzustellen. Es gibt eine deutliche Überschneidung der Regionen mit der niedrigsten Impfbereitschaft, der höchsten Armut und den meisten Wählerstimmen für die AfD. So hat laut einer Umfrage des Gesundheitsministeriums in Deutschland die Hälfte der Ungeimpften bei der letzten Bundestagswahl die AfD gewählt.

Der einzige Grund, warum diese rechten Parteien durch die Coronaproteste einen solchen Aufschwung haben, ist aber das Versäumnis der Führungen der Arbeiterbewegung, eine Antwort auf diese Krise zu geben. Das eröffnet der Rechten die Spielräume für ihre obskure Propaganda. Und das spielt wieder der herrschenden Klasse in die Hände, die mit den Ungeimpften einen neuen Sündenbock hat und entlang der Impffrage die Arbeiterklasse auseinanderdividieren kann.

Umso schwerer wiegt der Fehler der sozialdemokratischen Parteispitzen und der Gewerkschaftsführungen, wenn sie nun Maßnahmen wie die Impfpflicht mittragen und die Regierungen dabei unterstützen, die Arbeiterklasse zu spalten.

Sie sind der herrschenden Klasse einmal mehr auf den Leim gegangen. Maßnahmen wie die Impfpflicht, der Green Pass oder Lockdowns für Ungeimpfte werden die Ungeimpften nicht dazu bewegen, sich in ausreichender Zahl impfen zu lassen – und das ist auch gar nicht die Absicht dieser Maßnahmen. Vielmehr soll Druck auf die Ungeimpften ausgeübt werden und gleichzeitig die Spaltung der Arbeiterklasse provoziert werden, um so von der Schuld der Bosse abzulenken.

Nein zur Spaltung! Für Arbeiterkontrolle!

In Lettland, wo weniger als zwei Drittel der Bevölkerung vollimmunisiert sind, hat die Regierung vor kurzem den Unternehmen die Möglichkeit in die Hand gegeben, ungeimpfte Arbeitskräfte zu kündigen.

In anderen Ländern wie Belgien und Frankreich wurde für Gesundheits- und Bildungspersonal eine Impfpflicht eingeführt. Wer sich nicht impfen lässt, kann gekündigt werden.

In Italien gibt es den Green Pass am Arbeitsplatz. Wer sich nicht impfen lassen will, muss sich regelmäßig testen lassen, doch die Tests sind nicht kostenlos.

Die Gewerkschaften müssen solche Drohszenarien zurückweisen und jede Diskriminierung oder Kündigung von Arbeitern aufgrund ihres Impfstatus bekämpfen. Wir vertreten diesen Standpunkt nicht, weil wir gegen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus oder gegen die Impfung wären, ganz im Gegenteil, wir anerkennen die Tatsache, dass die Impfung zentral zur Lösung dieser Gesundheitskrise ist. Doch das Problem ist nicht bei jenen zu suchen, die impfskeptisch sind, sondern bei der herrschenden Klasse, die sich als unfähig erwiesen hat, die Krise in den Griff zu bekommen und die Impfskepsis mit jedem Schritt noch mehr befeuert hat.

Die jüngsten Verschärfungen der Corona-Maßnahmen sind nur ein weiterer Ausdruck für das Versagen der herrschenden Klasse. Während diskriminierende Maßnahmen gegen Ungeimpfte lanciert werden, unternimmt die herrschende Klasse auch 18 Monate nach Beginn der Pandemie noch immer nicht die naheliegendsten Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie beitragen könnten, wie die Bereitstellung von Gratis-FFP2-Masken und Tests; gezielte Lockdowns bei hohen Ansteckungsraten bei voller Lohnfortzahlung für die betroffenen Arbeiterinnen und Arbeiter. Stattdessen setzen die Regierungen weiter auf Impfnationalismus, das Horten von Impfstoffen und eine Politik, die den Profit über alles stellt.

Wir fordern daher ein wirksames Programm zur Eindämmung des Virus und lehnen alle Versuche ab, die Arbeiterklasse zu spalten:

  • Nein zur Impfpflicht. Nein zu allen Maßnahmen, die auf eine Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften hinauslaufen und die die Arbeiterklasse spalten.
  • Arbeiterkontrolle in allen Betrieben, damit die Beschäftigten demokratisch bestimmen können, wo und wann verpflichtende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie umgesetzt werden und welche Maßnahmen notwendig sind. Argumente basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und moralischer Druck seitens des Kollektivs sind um vieles wirksamer als das Drohen mit Strafen seitens der Unternehmer.
  • Im Fall eines Lockdowns darf dieser nicht zwischen Geimpften und Ungeimpften unterscheiden und alle betroffenen Arbeitskräfte sollten zu vollen Bezügen zu Hause bleiben können.
  • COVID-19 kann nicht von einzelnen Ländern allein unter Kontrolle gebracht werden. Impfstoffe müssen allen Ländern zur Verfügung stehen. Für die Freigabe der Patente auf Impfstoffe. Die Forschung an Medikamenten und Impfstoffen muss der öffentlichen Hand unterstellt werden. Für die Verstaatlichung der großen Pharmakonzerne und Arbeiterkontrolle über alle Einrichtungen des Gesundheitssektors.
  • Für eine Investitionsoffensive im Gesundheitssystem, das in allen Ländern an der Belastbarkeitsgrenze arbeitet. Für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für das gesamte Gesundheitspersonal.
  • Für freie und leicht zugängliche Corona-Tests. Die Testinfrastruktur und Verfolgung von Infektionsketten soll nicht von Privatunternehmen durchgeführt werden, die damit in etlichen Ländern fette Profite machen.
  • Betriebe und Bildungseinrichtungen müssen sicher gestaltet werden. Für kleinere Gruppen und höhere Betreuungsschlüssel, Investitionen in moderne Lüftungssysteme usw.
  • All diese Maßnahmen können wir uns leisten, wenn wir die Reichen zur Kasse bitten. Europas Milliardäre sind heute um 1 Billion $ reicher als vor einem Jahr. Dieser unverdiente Reichtum gehört in den Dienst der Gesellschaft gestellt! Verstaatlichung der Konzerne, Banken und Versicherungsgesellschaften und der Privatvermögen von Milliardären, die im Zuge der Krise exponentiell gestiegen sind.
  • Schluss mit dem kapitalistischen System. Nieder mit der EU des Kapitals. Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa. Die Arbeiterklasse wird Vertrauen in die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie bekommen, wenn sie deren Ausarbeitung und Umsetzung selbst kontrollieren kann.

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