Ariel Scharon - Wie man aus einem Kriegsverbrecher einen Nationalhelden macht
"Ich weise dagegen nach, wie der Klassenkampf ...Umstände und Verhältnisse schuf, welche einer mittelmäßigen und grotesken Personage das Spiel der Heldenrolle ermöglichen." (Karl Marx, Der 18. Brumaire des Louis Napoleon)
Am 4. Januar wurde der israelische Premierminister Ariel Scharon in das Hadasa-Krankenhaus eingeliefert, nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte. Scharons Zustand ist weiterhin kritisch und die Ärzte sagen, dass er sich in Lebensgefahr befinde und er, falls er den Schlaganfall überlebe, sein geistiges Leistungsvermögen nie wiedererlange.
Blicken wir zurück: Im August 1953 gründete und führte er das Spezialkommando "Einheit 101". 1954 führte diese Einheit im Dorf Qibya ein Pogrom durch, bei dem 60 Palästinenser getötet wurden. Daraufhin wurde Scharon vom israelischen Premierminister Ben-Gurion zum Rapport bestellt, der ihm mitteilte: "Lassen Sie mich Ihnen eins sagen: Es spielt keine Rolle, was man über uns erzählt. Das Einzige was zählt ist, dass wir hier im Land unserer Vorfahren leben können. Wenn wir den Arabern nicht zeigen, dass sie für das Töten von Juden einen hohen Preis bezahlen müssen, können wir nicht überleben."
Eine Studie der historischen Abteilung der israelischen Armee beschreibt wie Scharon, der von der Unentschlossenheit der Regierung am Vorabend des Krieges von 1967 enttäuscht war, dem General anbot, einen Putsch durchzuführen. "Ich sagte, dass wir an einem bestimmten Punkt aufstehen und erklären würden, hört zu, Eure Entscheidungen gefährden den Staat Israel und da die Situation ernst ist, bitten wir Euch nach nebenan zu gehen und zu warten, in der Zwischenzeit wird der General eine Botschaft im Radio verlesen. Sie wären erleichtert gewesen. Das war meine Empfindung."
1982 gestattete es Scharon als damaliger Verteidigungsminister der faschistischen Falange im Libanon die Menschen in den Flüchtlingslagern in Sabra und Shatila abzuschlachten. 328 Palästinenser wurden getötet. Die Kahan-Kommission, die nach der Metzelei eingesetzt wurde, zwang ihn zum Rücktritt und beschloss, dass Scharon die Position des Verteidigungsministers nie wieder einnehmen durfte, wohl aber die eines anderen Ministers oder gar des Premierministers.
1974 wurde Scharon Mitglied von Menachem Begins Cherut Partei. Von 1975 bis März 1976 diente er als Sicherheitsberater von Yitzhak Rabin. Nach Differenzen mit diesem gründete er 1977 die Shlomzion Partei, für die er erneut in die Knesset gewählt wurde. Shlomzion schloss sich später mit Herut als Teil des Likud-Blocks zusammen. Sharon war jahrelang bekannt als Vater der messianischen Siedlerbewegung und aggressiver politischer Rechtsaußen.
Wir haben kein besonderes Interesse an Scharons Tod. Er sollte in der Tat für seine Kriegsverbrechen verurteilt werden, was angesichts seines Gesundheitszustandes nicht passieren wird. Falls er aber stirbt, wird er durch einen Politiker von gleichem Kaliber einfach ersetzt. Sozialisten wünschen sich nicht den Tod eines einzelnenVertreters der herrschenden Klasse, unser Ziel ist der Sturz des Kapitalismus.
Nach dem Abzug der Israelis aus dem Gaza-Streifen, den Scharon durchführte, um den Massen in Israel glauben zu machen, er wolle Frieden mit den Palästinensern, stieg seine Beliebtheit. Die alten Führer der Arbeiterpartei beteiligten sich an seiner Regierung und halfen bei der Verbreitung dieser Illusionen und der Umsetzung von Scharons Wirtschaftsprogramm, welches das bisher rechteste in der israelischen Geschichte ist. Für dieses Verhalten erlitten sie seitdem einige Niederlagen durch den linken Flügel der Partei.
Wir dürfen Scharons Verbrechen nicht vergessen. Die israelischen Arbeiter dürfen nicht auf die Propagandakampagne der Medien in Israel hereinfallen. Scharon war und ist einer der furchtbarsten Feinde der Arbeiterklasse und als nichts anderes sollte er betrachtet werden. Weder er, noch seine Pseudopartei Kadima sind in der Lage die Probleme der israelischen und palästinensischen Arbeiter zu lösen. Die einzig wirkliche Lösung ist eine linke Regierung, welche eine sozialistische Politik betreibt und den Arbeitern und Armen dient und nicht den Kapitalisten.
Scharon als politisches Werkzeug
"Denn in Nichtigkeit kommt sie, und in Finsternis geht sie dahin, und mit Finsternis wird ihr Name bedeckt." (Ecclesiastes 6:4)
Scharon wird nach dieser schweren Krankheit nicht wieder in das politische Geschehen eingreifen. Seine Partei Kadima (Vorwärts) und seine alten Freunde in den Medien sind in Panik geraten, nachdem sie wie alle anderen auch verstanden haben, dass Kadima eine Einmannpartei ist und es ohne Scharon schwierig sein wird, diese zusammenzuhalten und bei den Wahlen den erwarteten Erfolg zu erringen. Aus diesem Grund wird diese neue Partei der Bourgeoisie nur kurze Zeit bestehen. Ihre Existenz ist ein Hinweis auf den Zustand der israelischen Politik, die sich auf eine einzelne Person stützt, den Gebieter, den Bonaparte an der Spitze der Gesellschaft.
Wie werden sie weiter vorgehen? Sie werden alles Mögliche unternehmen, um in den Köpfen der Massen eine Verbindung zwischen Scharon und der Partei herzustellen. Unzählige Reden, Krokodilstränen und Nachrufe, die täglich in den Massenmedien erscheinen, dienen als Wahlhilfe für die Partei, die das einzige Ass, das sie im Ärmel hatte, verloren hat.
Uns wurde von klein auf beigebracht, dass die Massenmedien allen gehören sollten, dass sie die "Wächter der Demokratie" sind. In einem gewissen Sinne sind sie Wächter der Demokratie, aber sie wachen nicht über die Demokratie, wie sie uns glauben machen; es ist ihre Rolle, uns vorzuspielen, dass die bürgerliche Demokratie die Herrschaft des Volkes bedeutet, wo diese doch in Realität eine Herrschaft über das Volk ist. Es ist eine "Demokratie", die es einer kleinen Minderheit gestattet, über unser Leben zu herrschen, eine "Demokratie", die über anderthalb Millionen Israelis in Armut hält.
In Wahrheit gehören die Medien nicht uns allen. Sie befinden sich in einem festen Griff der Bourgeoisie. Die Moses, Nimordi, Shoken und andere Kapitalistenfamilien besitzen die wichtigsten Medien und können bestimmen, was diese schreiben und wofür sie werben. Es ist eine Tatsache, dass alle Zeitungen momentan Kadima, der neuen Partei der israelischen Kapitalisten, als Propagandamaschinen dienen.
Vor längerer Zeit war die Arbeiterpartei das Hauptinstrument der israelischen Kapitalisten, da sie die Autorität besaß, die Arbeiter zurückzuhalten. Nachdem sich die Bevölkerung von ihrer Politik abwendete, verlor sie an Einfluss und die herrschende Klasse wandte sich - bis zur Gründung der Kadima-Partei vor einigen Monaten - der Likud-Partei zu, der bedeutendsten Partei auf dem rechten Flügel. Scharon erkannte, dass Likud sich zu einer rechtsextreme Partei entwickelte, die im Begriff war, viele ihrer Wähler zu verlieren, und er wusste auch, dass nach der Wahl von Peretz zum Vorsitzenden der Arbeiterpartei, die Kapitalisten nicht auf diese erneuerte Partei zurückgreifen konnten. Somit waren die Bedingungen für die Gründung der Kadima-Partei geschaffen, eine Partei, die keine andere Funktion hat, als zu versuchen, die aktuelle extreme Polarisierung innerhalb der israelischen Gesellschaft aufzuhalten, etwas, was nur für eine kurze Zeit gelingen kann, aber natürlich auch einer Handvoll Opportunisten gut bezahlte Arbeitsplätze schafft.
Kadima kann gewiss von vielen Medientricks Gebrauch machen. Kürzlich wurde erst vorgeschlagen, Scharon trotz seiner schweren Krankheit auf die Kandidatenliste zu setzen, um das Mitgefühl der Öffentlichkeit auszunutzen und zusätzliche Mandate zu erringen. Aber das alles kann nicht lange vorhalten. Kadima ist eine Partei, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt war. Ihre Schwäche wird, wenn nicht bei dieser Wahl, dann bei der folgenden für alle klar werden. Man kann mit Scharon Mitleid empfinden, wenn man sieht, wie er und sein Gesundheitszustand benutzt werden, um die politische Karriere einiger Leute - einschließlich die seiner Söhne - voranzutreiben. Scharon hat sich jedoch selbst in diese Lage gebracht. Wer seine politische Karriere auf Lügen und Korruption aufbaut, sollte nicht überrascht sein, wenn ihn diese einholen.